Renate Büttner, Organisationsdesignerin bei APTLY, über die notwendige Veränderung von Organisationsstrukturen in der digitalen Transformation

Wie hilft Ihre Organisationsstruktur, die Anforderungen Ihrer Kunden zu erfüllen?“ – diese Frage hat uns jüngst ein Kunde gestellt. Ich finde, das ist eine sehr gute Frage! Besonders aus meiner Perspektive als Organisationsdesignerin bei APTLY.

In Abgrenzung zur üblichen Bezeichnung “Organisationsentwicklerin” befasse ich mich zwar ebenfalls mit Organisationsstrukturen, doch Entwicklung impliziert ein bestimmtes Zielbild, auf das eine Organisation hin entwickelt werden soll – was traditionell dem Modell der Aufbauorganisation in Form der Pyramide entspricht. Das passt heute so nicht mehr.

Es reicht nicht mehr, sich mit Hilfe von Wissen über Menschen, Maschinen und BWL die Funktionsweise einer Organisation erklären zu wollen. Enge, dynamische Märkte und die steigende Komplexität des Umfelds, die auf eine Organisation einwirken, machen andere Denkwerkzeuge, z.B. den Blick durch die systemtheoretische Brille und die Beobachtung des Agierens der Organisation in ihren spezifischen Kontexten unerlässlich. 

Wie schauen also wir bei APTLY auf Organisationsstrukturen? Und wie hilft unsere Organisationsstruktur, die Anforderungen unserer Kunden zu erfüllen?

Neues Wirtschaften, Ökologie und Nachhaltigkeit

Wer sich das Handeln von Unternehmen heute im Gesamtkontext der gesellschaftlichen sozialen Subsysteme wie z.B. Politik, Gesundheit, Wissenschaft, Moral etc. anschaut, wird begreifen, dass die Entwicklung des Marktes und damit das Wirken und der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen zukünftig nicht allein von Digitalisierung bestimmt wird, sondern maßgeblich von der Akzeptanz und dem Umgang mit endlichen Ressourcen. Diese Erkenntnis erfordert bei Unternehmen Veränderung, Agilität (d.h. auf Überraschungen von außen schnellstmöglich reagieren zu können) und Innovationen, um sich auf die Konsequenzen der Endlichkeit der Ressourcen vorzubereiten. Und gleichzeitig die Bewegung weg von einer rein wachstumsorientierten Wirtschaft, hin zu einem sozialen und nachhaltigen Wirtschaften.

Daher ist digitale Transformation gesellschaftlicher Wandel – und unser Wirken ein Beitrag, über die reine Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen hinaus, Unternehmen auf ihrem Weg der Veränderung und Vorbereitung zu begleiten, um damit ihrerseits zum Wandel wirksam beitragen und erfolgreich sein zu können.

Verschwendung – von Ressourcen, Zeit, Geld und Ideen 

Wir sind in Gesprächen und in der Zusammenarbeit mit unseren Kunden unter anderem  immer wieder dem Problem der Verschwendung begegnet – von Ressourcen, Zeit, Geld und Ideen. Und das geht auf Kosten von Effektivität, Wirtschaftlichkeit, Innovation und echter Vorbereitung auf die Zukunft.

Wir begegnen Verschwendung immer wieder in Form von

  • zu viel „Beschäftigung“, statt effektiver automatisierter und personalisierter Prozesse, wie beispielsweise beim „Ansammeln“ und Verwalten von Unmengen von Daten, die aber letztlich nur selten für zielgerichtete und personalisierte Kampagnen ausgewertet und weiter genutzt werden
  • kostspieligen Implementationen von digitalen Tools, die nur wenig effektiv oder gar nicht genutzt werden, und/oder durch langwierige Implementationsprojekte, weil die Strukturen und Prozesse der Organisation zur Komplexität der Prozesse und Projekte nicht mehr passen
  • zahlreichen “aktionistisch” getriebenen Digitalisierungsprojekten, die nach vorne heraus eine wirtschaftliche Schieflage verbessern oder eine Organisation modernisieren sollen, deren Ursache aber oftmals viel tiefer begründet sind, z.B. durch Druck aus den sozialen Subsysteme wie Gesundheit, Politik und Wissenschaft  #fridaysforfuture #klimawandel #corona #sustainability
  • Aufrechterhaltung der funktionalen Silos von beispielsweise Vertrieb und Marketing und den damit häufig verbundenen unterschiedlichen, bis hin zu sich widersprechenden Zielsetzungen und/oder individuellen Zielvereinbarungen

Die Wertschöpfung einer Organisation muss sich am Markt ausrichten – und die Organisationsstruktur an der Wertschöpfung

Mit diesen wertvollen Einblicken und Erkenntnissen sind wir im Sommer 2020 gestartet, unsere eigene Organisationsstruktur erneut zu verändern. Auch APTLY als Organisation ist Teil bzw. befindet sich in dieser Transformation. Wir stehen genauso vor den Problemen und Herausforderungen, die der Wandel mit sich bringt. Jeder erfolgreiche Schritt in unserer eigenen Transformation vertieft die Einsichten. Damit sind wir als Partner in Zusammenarbeit mit unseren Kunden Wegbereiter für neue Perspektiven.

Ein erster entscheidender Schritt war die konsequente Ausrichtung unserer Wertschöpfung am Markt. Diese beinhaltet die Berücksichtigung der aktuell relevanten Anforderungen für ein passendes, gelungenes und effektives Customer Lifecycle Management – bei uns und unseren Kunden. Dazu gehört, die passenden Antworten auf Fragen der digitalen Transformation zu finden.

Nun geht es darum, die Veränderungen und Anpassungen für eine agile Organisationsstruktur entlang dieser Wertschöpfung vorzunehmen. Das bedeutet, die passende Führung, passende Team-, Koordinations-, Kooperations- und Servicestrukturen und die passenden Prozesse und Arbeitsweisen zu finden.

Das klingt jetzt nach einem großangelegten, sich über Jahre ziehenden, zähen und zermürbenden Change Prozess, so wie ihn wohl viele kennen. Denn es ist eine weit verbreitete Meinung, dass man für Veränderungen im Unternehmen vor allem an den Mitarbeiter*innen und Führungskräften “arbeiten” muss, an ihrem Mindset und Fähigkeiten.

Aus meiner Sicht ist das ein Irrglaube. Da werden monatelange Change Projekte “durchexerziert” und Team-Workshops zur Veränderung von Werten und Leitbildern der Organisation abgehalten. Der Ruf nach der neuen “charismatischen, authentischen, empathischen und respektvollen” Führungskraft mit Coaching-Fähigkeiten wird laut. Aber die alles entscheidenden Strukturen bleiben wie sie sind.

Diese Change Projekte scheitern und das lag dann vermeintlich entweder an der falschen Steuerung oder an dem Widerstand der Mitarbeiter.

Es geht anders, wenn man dort ansetzt, wo die Wertschöpfung passiert.

Und da kommt die Rolle des Organisationsdesigns ins Spiel – jenseits des klassischen Change-Managements.

Die Herangehensweise ist hier zum einen das aktive Beobachten: des Marktes,  der Organisation und ihrer Kultur. Dazu zählen vor allem Gespräche mit den Mitarbeiter*innen, d.h. mit den “Akteuren” in der Organisation, über ihre Perspektiven und ihre Rollen in bestimmten Arbeitskontexten. Denn das Beobachten ist ein wesentliches Werkzeug, um Probleme zu identifizieren. Es zeigen sich Symptome der Organisation, an welchen Stellen etwas nicht rund läuft in der und für die Wertschöpfung. Dass Strukturen nicht passen, beispielsweise wenn Rollen in den Teams nicht oder falsch besetzt sind, wenn Schnittstellen nicht funktionieren oder Prozesse fehlen. 

Hier ein ganz konkretes Beispiel:

Wir haben eine zeitlang beobachtet, dass Teams bei uns den Zuschlag für neue Projekte nicht gefeiert, sondern eher blockiert haben, mit dem Hinweis, dass sie schon für die nächsten Wochen “ausgebucht” seien. Die Kapazitätsplanung zeigte etwas anderes. Jetzt kann man daraus unterschiedliche Schlüsse ziehen und unterschiedlich darauf reagieren, z.B. klassisch:

  • “Die Teams brauchen meist länger als geplant, also braucht es mehr Kontrolle, Steuerung durch Prozesse und Druck.”
  • Und/oder mit Verbesserung der Skills durch Personalentwicklung

Oder aber man kann sich die systemtheoretische Brille aufsetzen und fragen, welchen Nutzen die Teams durch ihre Blockade haben?

Das haben wir die Teammitglieder in Gesprächen gefragt und es stellte sich heraus, dass es stets die Sorge der Einzelnen gab, dass sie zu jeder Zeit ein neues Projekt treffen kann, das sie darin stört, laufende Projekte in der entscheidenden Qualität und in time zu liefern.

Was hier also zutage kam, waren nicht mehr passende Teamstrukturen und Abläufe in der Kollaboration. Bis dato liefen die Projekte erfolgreich, es gab für diesen Bereich ein großes Team und die Akteure wurden von den jeweiligen Project-Ownern nach Skills und Verfügbarkeit für die Projekte gebucht – vergleichbar mit der Zusammenarbeit mit Freelancern.

Das ging solange gut – war also passend – bis APTLY die nötige Anpassung und Umsetzung eines verbesserten Vertriebsmodells und strategischen Pipeline-Managements entlang der Wertschöpfung einführte. 

Das Team hat also in den gegebenen Strukturen ganz im Sinne der Organisation gehandelt, nämlich die Erbringung der Wertschöpfung zu schützen. Somit war das Verhalten der Mitarbeiter*innen nur ein Symptom und gleichzeitig ein Hinweis auf das Fehlen einer angepassten Teamstruktur als Ursache dafür. 

Seitdem krempeln wir in diesem Bereich die Teamstruktur um, in mehrere kleine dedizierte Teams und passen Prozesse entsprechend an, damit diese Teams als “echte”, funktional integrierte, d.h. mit den zur Lösung des Problems notwendigen Kompetenzen ausgestattete Mannschaften agieren können.

Übrigens: das machen die Teams selbst, abgestimmt auf unsere Wertschöpfung und Strategie, denn sie wissen, was sie dafür brauchen. Mit Hilfe einer Mannschaftsstifterin, einer vom Team anerkannten Könnerin in diesem Bereich der Wertschöpfung, die erfolgreich die “richtigen” Fragen stellt, unterstützt, berät und andere Könner*innen identifiziert. Oder ggf. weitere Probleme adressiert, z.B. wo die Einstellung neuer Teammitglieder notwendig ist. Das nennt man “sozial legitimierte Führung”. Geschützt durch die formale Macht, in unserem Fall durch unseren Geschäftsführer.

Meine Aufgabe ist also, mit Hilfe systemtheoretischer Denkwerkzeuge Irritation der Organisation zu erzeugen, indem ich Probleme in die Kommunikation bringe. Und die  Geschäftsführung begleite und berate. Ich unterstütze die Organisation sich selbst zu organisieren und dabei all ihre Strukturen und Prozesse an der externen Referenz, also an der Wertschöpfung, auszurichten.

Dadurch wird Veränderung steter und unverzichtbarer Teil unserer Organisation im Rhythmus der Dynamik am Markt. Zugunsten von Ideen und Innovation, um uns auf zukünftige Szenarien vorbereiten zu können. Wir sind weiter auf dem Weg.

Und, wie hilft Ihre Organisationsstruktur, die Anforderungen Ihrer Kunden zu erfüllen?


Zu unserer Kooperation mit der Neuen Narrative

Neue Narrative ist ein Wirtschaftsmagazin, in dem es nicht nur um Wachstum, Rendite und heroische Manager*innen geht. Wir erzählen Geschichten aus einer neuen, egofreien Arbeitswelt, die zum Anpacken, Nachmachen und Weiterdenken einladen.”

Wir begegnen in unserem Kundenkreis zunehmend Menschen, die nach Antworten suchen auf Fragen der digitalen Transformation, des Neuen Wirtschaftens, einer “anderen” Art zusammenzuarbeiten, wertstiftend und effektiv. Die sich selbst und ihr Wirken in dem gesellschaftlichen Wandel verorten wollen und die nach konkreten Möglichkeiten, Handlungsspielräumen und (Denk-)werkzeugen suchen, um Transformation in ihrem Wirkungskreis, bei ihrer eigenen Arbeit initiieren zu können und voranzutreiben.